17.10.2013 Sehgalseminarbericht Bad Boll Oktober 2013
Yogesh Sehgal empfahl uns immer den Patienten am Anfang zu fragen, warum er zu uns kommt. Daraus ergeben sich schon erste Hinweise auf das heilende Mittel. Viele Patienten kommen, weil sie Sorgen haben wegen der allopathischen Mittel. Hier lohnt es sich genau nachzufragen. Jeder Patient hat hier seine eigene Motivation . Er macht sich vielleicht Sorgen wegen der Nebenwirkungen oder hat von anderen gehört Homöopathie könne bei seinem Problem auch helfen oder er möchte zwar homöopathisch behandelt werden, ist aber der Ansicht, dass er für den Notfall etwas "Extra" benötigt. Auch in so einem Fall kommt man schnell zu einem hilfreichen Mittel, wenn man diesen befürchteten Notfall genauer erfragt. Was z.B. für eine Art von Notfall eintreten muss, damit ein Patient zu einem allopathischen Mittel greift. Er beschrieb mehrere kleine und akute Fälle aus dem Alltag und wie man sie schnell mit drei oder vier Rubrikkombinationen lösen kann. So versuchte er zwischen Cocc., Gels. und Puls. bei kranken Kindern zu differenzieren. Dann zeigte er ein Video, worin ein Patient über Fieber, ein Säureproblem und Atemlosigkeit während dem Sprechen klagte. Er war zuerst bei einem anderen Arzt gewesen, der ihn ohne ihn überhaupt zu untersuchen einfach ein Mittel verschrieben hatte. Seitdem hatten sich die Beschwerden nicht wesentlich verbessert. Er hatte deswegen einen Zorn auf den Arzt und das Empfinden nicht richtig behandelt worden zu sein. Diesem Empfinden entspricht die Rubrik „Wahnidee, Unrecht erlitten zu haben“. Auffallend war, dass er im Verlaufe des Follow-ups immer genau wissen wollte, weshalb er diese Beschwerden hatte. An dieser Stelle wurden die Rubriken „Verlangen nach Licht“ und „Neugierig“ differenziert. Dem neugierigen Patient konnte mit Lachesis geholfen werden. Anschließend zeigte uns Yogesh wie sich die Mittel in der Rubrik "Neugierig, wissbegierig" von einander abgrenzen lassen.
Am Nachmittag stellte Sanjay Sehgal den Fall eines 18-jährigen Patienten vor, der im Gesicht eine schwere Akneform (Acne conglobata) hatte. Er litt sehr unter den Familienproblemen, vor allem vertrug er den Streit zwischen seinen Eltern nicht. Er versuchte den Streit zu schlichten und Harmonie wiederherzustellen. Auffallend war dass er während der ganzen Anamnese ganz ruhig blieb. Mit den Rubriken „Selbstkontrolle erhöht“ und „Unterdrückt sein Verlangen bzw. Wünsche“ und „Spannkraft“ (Bouyancy) bekam er Carcinosinum. Einige Monate später - nach einem zweiten Fieberanfall - wechselte Sanjay das Mittel - er gab ihm Lachesis, welches dann den Fall zum Abschluss brachte. Interessant war, dass früher eine Homöopathin ihm Lachesis gegeben hatte, das eine gute Weile wirkte, dann aber keine Verbesserung mehr brachte und sich die Hautproblematik sogar wieder verschlimmerte.
Nachfolgend stellte Sanjay einen weiteren Fall mit Mittelwechsel vor. Hierbei handelte es sich um einen psychiatrischen Fall einer 48 jährigen Frau , die bereits seit 20 Jahren vergeblich behandelt worden war. Entsprechend den Anweisungen Hahnemanns § 221 öffnete er den Fall zunächst mit Hyoscyamus. Ausschlaggebend für die Mittelwahl war die Rubrik: „Betäubung - sitzt bewegungslos wie eine Statue“, weil die Patientin während der ganzen Anamnese unbeweglich auf dem Stuhl saß und keine der Fragen beantwortete. Angefangen hatte vor 20 Jahren alles, als sie misstrauisch gegenüber ihrem Ehemann wurde und ihn verdächtigt ein Verhältnis mit seiner Schwägerin eingegangen zu sein. Mit Hyoscyamus besserte sich ihr Zustand soweit, dass sie Sanjay sehr lange und ausgiebig die ganze Geschichte von ihrem untreuen Ehemann erzählen konnte. Das Folgemittel war Medorrhinum. Sehr anschaulich hat Sanjay die Reise dieses Mittels von der "Wildheit" zur "Stumpfheit" - anhand dieses Praxisfalles dargestellt.
Weitere Rubriken dieses Mittels wurden besprochen und gegen anderen Mitteln wie z.B. Carc., Kali-i. differenziert.
Yogesh behandelte dann ausführlich die Rubrik „Wahnideen, er habe Unrecht erlitten“. Die darin enthaltenen Mittel haben das gleiche Gefühl aber reagieren unterschiedlich. Zum Beispiel die Wertigkeitsgrade im Falle von Zorn: Naja (0 = wird nicht zornig), Hyos (1), Lach (2) und Lyss. (3).
Das nächste große Thema war „Missbrauch“ (Abuse), das auf mehreren Ebenen; emotionaler, psychologischer oder körperlichen Ebene geschehen kann.
So kam er kurz auf einen Jungen zu sprechen, der in der Schule von seinen Mitschülern geschlagen wurde und deshalb nicht gerne in die Schule ging. Wenn er geschlagen wurde, schlug er aber auch zurück und lachte bei diesen Worten während der Anamnese. Sein Wunsch war, anständig und mit Respekt von seinen Mitschülern und den Lehrern behandelt zu werden. Er bekam Ignatia.
Der nächste Fall betraf ein 17 Jahre altes Mädchen, das damit nicht fertig werden konnte, dass der Freund ihrer Freundin sie "missbraucht" hatte, indem er sie gegen ihren Willen geküsst hat. Nach diesem Vorfall wollte sie in der Schule nichts mehr lernen, nicht mehr mit der Familie sprechen, weinte immer wieder, litt unter Harninkontinenz in der Schule und nachts. Sie hatte die Wahnidee, dass sie Unrecht erlitten habe und anhaltend verletzt wurde durch diesen Vorfall. Lachesis war das heilende Mittel.
Im Zusammenhang mit dem Thema „Missbrauch“ wurden infrage kommende Mittel mit ihren jeweils dazugehörigen Rubriken besprochen sowohl für Opfer als auch für Missbrauchstäter.