19.10.2017 Himalaya Sehgal-Schule Modul 6 29.09 - 01.10.2017
Modul VI der Himalaya-Schule mit Sanjay Sehgal und Eva Lang vom 29.09. bis 1.10.2017 Dobel Haus Bad Boll
Das Modul beinhaltete die Fortsetzung der §§ 82-104 aus dem Organon sowie die Erarbeitung der Arzneimittel Ignatia, Cactus, Platina, Argentum nitrcium, Barium carbonicum und Sepia mit entsprechenden Differentialrubriken.
Sanjay erläuterte uns die §§ 82-104.Hahnemann betont hier den Wert der Fallaufnahme, denn sie bildet das Herzstück jeder homöopathischen Behandlung. Dazu braucht es drei Dinge, um einen Fall zu heilen: den vorurteilsfreien Blick, den klaren Sinn für die Beobachtung und Treue im Aufzeichnen des Krankheitsverlaufs.
Er gliedert die Fallaufnahme in zwei Teile, den passiven Teil, in dem der Therapeut sich zurückhält und vorurteilsfrei beobachtet und sich Notizen macht, während der Patient seine Beschwerden schildert und den aktiven Teil, indem der Therapeut den Patienten anhand seiner Aufzeichnungen Punkt für Punkt befragt. Gegebenenfalls unterbricht er oder fast Gesagtes zusammen.
Auch der Sehgaltherapeut beobachtet sehr genau und ohne Vorurteile, was der Patient sagt, wie er es sagt, was er tut und wie er tut es. Sein Blick ist auch auf das Verhalten während der Anamnese gerichtet.
Nun zu den Arzneimitteln, die nicht anhand von Arzneimittelbildern vorgestellt werden, sondern anhand der geprüften Geistes- und Gemütsrubriken.
Cactus grandiflorus . – Die Königin der Nacht erblüht mit süßem Duft und verblüht vor der Morgensonne, in einer einzigen Nacht. Hier finden wir den Hinweis auf eine kurze Lebenserwartung. Das Mittel wirkt auf das Herz- und Kreislaufsystem. Analog dazu äußern die Patienten z.B. „Ich habe nur eine einzige Nacht in meinem Leben gut geschlafen, oder mich so wohl gefühlt“. Patienten klagen über Enge und Einschnürungsgefühle an unterschiedlichen Körperstellen und Organen. Diese führen wiederum zu Blutansammlung in den Gefäßen und entsprechend treten Pulsationen/Palpationen auch an diesen „ungewöhnlichen Stellen“ auf. Patienten berichten von dem Gefühl wie in einem „Käfig gefangen zu sein“ oder „wie, wenn sie mehr und mehr zusammengeschraubt würden“. So kommt es beispielsweis zu Vaginismus, der den Koitus verhindert. Der Patient schreit vor Schmerz, er hat das Gefühl, „unheilbar krank zu sein“, oder er befürchtet zu sterben. Trost verschlechtert seine Beschwerden. Sie werden diese Aussagen im Repertorium als Rubriken wiederfinden.
Ignatia die Ignatzbohne gehört wie Nux-vomica und Gelsemium zu den Brechnussgewächsen und enthält mehr Strychnin als Nux-v.
Wir kennen Ign. als akutes Kummermittel, voller Widersprüche, für die das Recht/Unrecht, die Gerechtigkeit und die Prinzipien wichtig sind. Deshalb erträgt sie keine Ungerechtigkeiten. Sie tut Dinge der Sache wegen, nicht aus Eigennutz oder Nächstenliebe, sondern aus Idealismus, weil es sich so gehört. Deshalb weist sie auch Dank zurück. So sorgt sie für andere und erwartet das im Gegensatz dazu auch für sich selbst, sagt es aber nicht. Was Ign. braucht ist Aufmerksamkeit. Wenn es nicht nach ihren Vorstellungen läuft, wird sie „fassungslos“. In diesem Zustand sagt sie nichts mehr. Sie erträgt auch Leiden ohne zu klagen das führt zur Rubrik, „Milde, erträgt sogar Gewalttaten ohne zu klagen“. Sie wirkt sehr trotzig „Eigensinnig, starrköpfig, dickköpfig“ besonders „….abends“ und provozierend „Herausfordernd“. Ihre Reizbarkeit spiegelt sich in den Rubriken, „Reizbarkeit Tag und Nacht“, „Reizbarkeit, Trost agg“ wieder. Ihre Art, keinen Widerspruch zu dulden, in „Widerspruch agg“. Sie will sich nicht helfen lassen und nicht berührt werden, „Berührung Abneigung“. Sie äußert ihre Bedürfnisse nicht, möchte dass man diese selbstverständlich erkennt. Sollte man ihr zu nahekommen, sie berühren, versuchen sie zu trösten, verbrennt man sich an ihrem Feuer. Eva schildert die Reaktion einer Patientin ihrem Bruder gegenüber, in der sich ihr ganzes „Leid“ wiederspiegelt.
Platina wird von Sanjay anhand eines Falles charakterisiert. Die Patientin wurde von Kollegen bereits erfolglos mit Nat-m. und Ign. behandelt.
Sie kommt aus einer wohlhabenden Familie, sah attraktiv aus, wirkte nett und intelligent. Großzügig, offenherzig und Tiere achtend aufgewachsen hatte sie ein gutes Selbstbewusstsein entwickelt. Sie lernte einen sehr reichen Mann kennen, den sie sich als Ehemann auserkoren hatte, ohne ihn allerdings vorher zu fragen. Sie erhoffte sich von ihm ein Leben in Reichtum und Sicherheit.
Im Glauben, dass er sie selbstverständlich heiraten werde, bereitete sie ihre Eltern auf diesen künftigen Ehemann vor. Die Hochzeitsvorbereitungen begannen. Die Schwiegereltern lernten sich kennen. Aber der „Zukünftige“ sagte „Nein“.
Damit begannen ihre Beschwerden: Traurigkeit und Enttäuschung, Haarausfall, Trockenheit der Lippen, Schlaflosigkeit und Depression.
Die Fallanalyse ergab folgendes: Sie konnte nicht glauben, dass dieser Mann sie tatsächlich zurückgewiesen hatte. Verletzt, erniedrigt war sie schwer getroffen. Sie spürte Impulse ihn zu töten „Töten Verlangen zu, plötzlicher Impuls zu töten“ so enttäuscht und zornig war sie. Bei Platina findet man im Repertorium viele Tötungsrubriken. Die Fallanalyse ergab, dass es sich wohl nicht um „Enttäuschte Liebe“ sondern eher um „Beschwerden durch Enttäuschung“ handle. Von Liebe beiderseits wurde nie gesprochen. Ihr Ehrgeiz spielte eine wichtige Rolle. „Ehrgeiz, setzt alle erdenklichen Mittel ein“. Ihr Ego war gebrochen, nicht ihr Herz. Platin erkennt man an „Hochmut“, „Egoismus“ und der „Ichbezogenheit“. Sie kann auch sehr freundlich sein, wenn sie in die Phase des „Betens“ kommt. Beten im Sinne von Bitten, man betet nur zu jemandem, der einem auch helfen kann. Dann drückt sie sich „feierlich getragen“ aus. Genauso spricht sie mit scharfer Stimme, wird „Verächtlich“ und „verstößt damit Menschen gegen ihren Willen“. Um ein Mittel nicht zu verfehlen, ist es wichtig die vielen verschiedene Nuancen kennenzulernen. Das gelingt uns mit der Sehgalmethode. Je genauer wir ein Mittel kennenlernen, desto erfolgreicher wird die Verordnung.
Argentum nitricum – das Silbernitrat, ein Salz der Salpetersäure wird u.a. zur Wunddesinfektion eingesetzt und wirkt antiseptisch. Im folgenden Fall werden wir sehen, dass „zwanghafte Reinlichkeit“ der Auslöser für die Erkrankung der Patientin wurde. Sie entwickelte einen Putzzwang, nachdem sie Mäusekot in der Küche entdeckt hatte. Sie stellte sich vor, wie jede Nacht Mäuse und anderes Getier in ihrer Küche spazieren gehen. Jeden Morgen fühlte sie sich getrieben, die Küche zu reinigen. Danach reichte die Zeit nicht mehr aus um für die Familie das aufwendige Frühstück zuzubereiten. In Folge blieb sie morgens im Bett und schloss die Augen, aus Furcht, ihr Zwang könne sie überfallen. Dann gerät sie in Hektik, „Hast und Eile“, schafft es aber nicht mehr „Wahnidee gelingt nichts…“. Sie fühlt sich unnütz und verloren. Hierfür gibt es noch mehr der dazu passenden Rubriken: „Furcht die Selbstkontrolle zu verlieren“, die „Wahnidee von Tieren…,“ „Im Bett bleiben möchte“, „Gleichgültigkeit liegt mit geschlossenen Augen“ - im Gegensatz zu DD Sepia „Simuliert krank zu sein“ aus Erschöpfung. In der Rubrik „Waschen Verlangen…“ ist das Mittel nicht enthalten.
Arg.-nitr. ist ein wunderbares Mittel für Menschen die starke Prüfungsangst entwickeln bzw. unter starker Erwartungsspannung leiden „Beschwerden durch Erwartungsspannung“ und dadurch Prüfungsvorbereitungen/Aufgaben immer wieder aufschieben. Man sollte bei Schulkindern, Studenten, bei Lernenden kurz bei allen, die sich ihren Aufgaben nicht gewachsen fühlen daran denken, wenn sie Ausweichverhalten entwickeln. Sie können sich nicht konzentrieren und geben vor krank zu sein, dadurch können sie im Bett bleiben. Es gibt eine Rubrik im Gemütsteil des Repertoriums, die genau diesen Zustand, wenn die Konzentration schwierig wird und es ihnen schwarz vor Augen wird, trifft. „Konzentration schwierig, beim Versuch sich zu konzentrieren wird ihnen schwarz vor Augen“. Sie geraten in einen Zustand, in dem sie jegliches Selbstvertrauen verlieren bis hin zu der Vorstellung, „Arbeit könne ihnen schaden“. Sie fühlen sich sogar „verloren für die Welt“, „bleiben lieber im Bett.“ Das führt zu „Lügen und Eigensinn“. Wenn die Situation vorbei ist, geht es ihnen wieder gut. Bei Sehgal gibt es dafür eine Rubrik, „Erwartungsspannung vorbei ist, wenn – ist er normal“. Viel Spaß beim Studieren dieses Mittels.
Sepia officinalis - Der Tintenfisch ein gut bekanntes Mittel, das dennoch überraschende Gemütsrubriken offenbart. Aus der klassischen Homöopathie kennen wir es als Mittel für überforderte, ausgepowerte Menschen, besonders für Frauenleiden, bei Senkungsbeschwerden mit depressiver Stimmung und Reizbarkeit aus Erschöpfung. Sepia wird als Familienmensch beschrieben, der sich für das Wohlergehen seiner Familie bis zum Maximum erschöpft „Beschwerden durch häusliche Angelegenheiten“. Sie tut vieles aus Pflichtgefühl und respektiert damit ihre Grenzen nicht. Deshalb wird sie „widersprüchlich“ und das führt zu „Handlungen (die)im Widerspruch zur Absicht“ (stehen) obwohl sie nicht mehr kann, macht sie trotzdem weiter „Unternimmt Dinge entgegen seinen Absichten“. Sie steuert auf ein Burnout zu, das zu Reizbarkeit, Erschöpfung bis hin zu Gleichgültigkeit führt.
Wie wir Sepia nach Sehgal noch weiter entdecken können, zeigte uns Eva Lang an über hundert Gemütsrubriken, die sie ausführlich mit Inhalt füllte. Hier einige davon:
Die Sepiapathologie entwickelt sich aus der Aufopferung für die Familie. Analog zum Tierreich stirbt das Sepiaweibchen nachdem es seine Eier abgelegt hat. So wirkt Sepia müde und verliert ihre Kraft - „Wahnidee arm“. Sie ist nicht nur arm, sondern darüber hinaus hat sie Angst, noch schwächer zu werden, „Furcht vor der Armut“.
In diesem Zustand möchte sie am liebsten im Bett bleiben und die Augen schließen – Wir finden Sepia in „Im Bett bleiben möchte“ und „Gleichgültigkeit liegt mit geschlossenen Augen“. Sie wird „Reizbar durch Anstrengung“. In dieser Verfassung entwickelt sie eine „Abneigung gegen den Ehemann und ihre Kinder“, weil diese sie Kraft kosten. „Sachlich, vernünftig“ begründet sie ihr Verhalten, sie mag keine billigen Ratschläge, deshalb steht Sepia auch in der Rubrik „Rebelliert gegen Umschläge“. Wenn man mit ihr stattdessen eine vernünftige Strategie entwickelt, nimmt sie diese gerne an. Sie ist interessiert daran zu erfahren, was ihr Problem ist. Wir finden das Mittel nicht im „Verlangen nach Licht“, sondern unter „Neugierig“. „Essen bessert die Gemütssymptome“ damit ist nicht nur Nahrung gemeint, sondern Sepia wird auch durch geistiges und emotionales Futter genährt. Sie hat Angst, den Überblick zu verlieren, das entspricht der Rubrik „Angst durch Anstrengung der Augen“. Das waren einige Besonderheiten aus dem Vortrag über Sepia.
Barium carbonicum - die deutsche Bezeichnung lautet Bariumcarbonat. Es handelt sich hierbei um ein Mineral, das zu den Leichtmetallen gehört, bekannt auch als „Schwererde“.
In der klassischen Homöopathie findet das Mittel Barium carb. Verwendung bei älteren Personen sowie bei Kindern. Barium passt dann, wenn diese mit den Jahren wieder kindliches Verhalten annehmen und für Kinder mit einer geistigen und körperlichen Entwicklungsverzögerung.
Es sind Menschen von kleiner Statur mir unterentwickeltem Geist. Dabei sind es wunderbare einfache, unkomplizierte, offenherzige, mitteilsame Menschen. Sie können aber auch schweigsam und zornig werden.
Sanjay differenziert es zu Calc. carb., das eher schwache Muskeln aufweist. So fehlt dem Kind z.B. die Kraft, den Kopf zu heben. Es versucht es immer wieder, aber es gelingt nicht.
Bei Barium carb. fehlt der Impuls vom Geist, den Kopf zu heben, obwohl es muskulär gut ausgestattet ist. Sein Gehirn ist schwach. Oft wird ein Entwicklungsstillstand diagnostiziert, mit Konzentrationsschwierigkeiten, Gedächtnisschwäche. Barium-carb. hat kein Selbstvertrauen. Es ist sehr hochwertig in der Rubrik „Mangel an Selbstvertrauen“ vertreten. Viele Ängste entstehen z.B. vor Fremden, Geräuschen, nachts oder auf der Straße. Deshalb klammert das Kind sich an die Mutter oder Gegenstände „Klammert an Personen und Möbel“. Es versteckt sich auch vor Fremden, entwickelt „Husten beim Anblick von Fremden“. Es hat keinen Spaß an Unternehmungen und Vergnügen. Sie sind langsam in ihren Bewegungen, im Begreifen und vergesslich, mit mangelndem Ehrgeiz. Auch die Stumpfheit“ hat viele Facetten (morgens, durch Anstrengung). Sie denken lange nach. Sie neigen dazu zu widersprechen, obwohl sie einen schwachen Willen haben. Diese liebenswerten Menschen können dann daraus einen heftigen Zorn entwickeln.
Da sie einfach strukturiert, leichtgläubig, langsam in Bewegungen und Begreifen sind, werden sie häufig ausgelacht. Sie entwickeln dann die Vorstellung, ausgelacht zu werden „Wahnidee man würde über sie lachen und spotten“ und „…wann immer sie auf die Straße geht“.
Nicht zu vergessen die Kinder, die ihr Potential nicht entfalten können, weil sie überbehütet und verwöhnt wurden. Ihnen fehlt Ehrgeiz, Selbstvertrauen, sie bleiben schüchtern, werden faul und feige – schlicht sie sind nicht lebenstüchtig.
Barium carb.-Kinder spielen gerne mit Puppen, aber anders als Pulsatilla, die das Püppchen an sich schmiegt, schmust und streichelt. Barium hält es fest umklammert. Dieses Verhalten kann man auch taucht auch bei alten Menschen wieder auf.
Jetzt haben wir viel über das Gemüt von Barium carb. gehört, deshalb noch eine Ergänzung zu den körperlichen Beschwerden. Hier findet man Schwellungen des gesamten Lymphsystems mit Vergrößerung aller Drüsen, während ein Organ klein und unterentwickelt sein kann. Ein großes Mittel für Tumoren.
Dieses Modul schließen wir ab, mit dem Dank an Sanjay und Eva. Indem Sie uns ihr Wissen weitergeben, ermöglichen sie so ein neues kreatives Verständnis des Geistes- und Gemütsteils der Repertorien. Damit stehen sie nicht im Widerspruch zu Hahnemann, sondern werden ihm in besonderer Weise gerecht. Er fordert den „vorurteilsfreien Beobachter“ mit Schwerpunkt auf Geist und Gemüt. Wie erfahren, wie die Geistes- und Gemütsrubriken analog oder im übertragenen Sinne angewendet werden und verstehen dadurch den Patienten mit seinem Verhalten viel besser als früher. Es erschließen sich uns so bekannte und unbekannte Mittel auf neue und vielfältige Weise.